<<<_zurück
 

                 HOCHSCHULE  FÜR  PHILOSOPHIE-PHILOSOPHISCHE FAKULTÄT S.J.

MÜNCHEN

 

 

Proseminar: Zur Einführung in das philosophische Denken

                    Lektüre ausgewählter Texte der „Nikomachischen Ethik“ von Aristoteles

Leiter:         P. Dr. Alfred Radl S.J.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die dianoetischen Tugenden - bei Aristoteles

von

Oliver Dicklhuber

 

Wintersemester 1995/96

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s

 

 

 

I. Quellen

 

ARISTOTELES, Nikomachische Ethik, in der Übersetzung von Franz Dirlmeier, Stuttgart 1994

 

 

 

II. Sekundärliteratur

 

H. H. Joachim, The Nikomachean Ethik, Oxford 1962

F. Dirlmeier, Aristoteles - Nikomachische Ethik, 4. Auflage Darmstadt 1967

F. Überweg, Die Hellenistische Philosophie, Basel 1983

 

 

I. Quellen

 

ARISTOTELES, Nikomachische Ethik, in der Übersetzung von Franz Dirlmeier, Stuttgart 1994

 

 

 

II. Sekundärliteratur

 

H. H. Joachim, The Nikomachean Ethik, Oxford 1962

F. Dirlmeier, Aristoteles - Nikomachische Ethik, 4. Auflage Darmstadt 1967

F. Überweg, Die Hellenistische Philosophie, Basel 1983

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                               Dicklhuber

 

                                                 - 1 -                                                                     

 

 

 

Einleitung

 

Aristoteles sieht die Möglichkeit des Menschen sich um ethische Werthaftigkeit zu bemühen, in der Tätigkeit

des philosophierens.

Nur so ist es dem Menschen gegeben das höchste Gut (Glück), durch Handeln zu erreichen.

(„The ideally good life, is the life of active and true thinking“)1

 

 

 

Da nun  Glück ein Tätigssein der Seele im Sinne der ihr wesenhaftigen Tüchtigkeit ist (S. 17 u),

stellt sich die Frage was Tüchtigkeit sei

Aristoteles differenziert hierbei zwischen ethischer und dianoetischer Tüchtigkeit. Wobei Tüchtigkeit mit

Tugend gleichzusetzen ist.

Es handelt sich hierbei um eine schwer zu übersetzende Deutung des griechischen Wortes „Arete“.

 

Dabei handelt es sich nicht um den Tugendbegriff, wie man ihn in heutiger Zeit sieht, vielmehr als ein

Tätigsein entweder der Seele oder des Verstandes (ratio).

 

Im folgenden wird der Begriff der dianoetischen Tugend, wie ihn Aristoteles sieht, näher erläutert.

 

 

__________________________________________________________________________________________

 

 

 

1 H. H. Joachim, S. 188

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                Dicklhuber

 

                                                        - 2 -

 

 

 

I. Die dianoetischen Tugenden im Überblick

 

Es gibt fünf dianoetische Tugenden.

Diese sind.

a.)   praktisches Können

b.)  wissenschaftliche Erkenntnis

c.)   sittliche Einsicht

d.)  philosophische Weisheit

e.)   intuitive Einsicht                                                      

 

Durch diese sei es dem Menschen gegeben, das richtige zu erkennen.

Für Aristoteles stellt diese Regung des Verstandes die bereits erwähnte wesenhafte Tüchtigkeit dar, wodurch Glück erreicht werden kann.

Die Zuordnung der dianoetischen Tugenden erfolgt zum rationalen Seelenteil.1

Ein wichtiger Begriff hierbei taucht im gesamten sechsten Buch der „Nikomachischen Ethik“ auf, der der

„Phronesis“, bei Dirlmeier mit sittlicher Einsicht übersetzt.

 

Die bloße Vermutung ist für Aristoteles bedeutungslos für die Erkenntnis des Richtigen, sie gehört also nicht zu den dianoetischen Tugenden, da die bloße Vermutung uns täuschen kann.

 

Die dianoetischen Tugenden können nach Aristoteles wie folgt gegliedert werden.

Praktisches Können und sittliche Einsicht zum „beratenden“ Teil der Seele, die übrigen drei zum „erkennenden“ Teil. 2

  

 

 

 

 

 

__________________________________________________________________________________________

 

 

 

1 F. Überweg, S. 245

2 F. Überweg, S. 245 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                  Dicklhuber

           

 

 

 

                                                      - 3 -

 

 

 

II. Bestimmung der dianoetischen Tugenden im einzelnen

 

 

a.) praktisches Können

 

     Was man als Kunst bezeichnet kommt von „können“. Für Aristoteles ist praktisches Können ein auf                                                      

      Hervorbringen abzielendes reflektierendes Verhalten. Entscheidend dabei ist die Veränderung, denn

      so entsteht etwas dabei.

      Das praktische Können ist dabei von richtigem Planen geleitet und Gegenstand des Tuns ist das                                                                   

      Veränderliche. S. 15 u.

 

 

b.) wissenschaftliche Erkenntnis

 

      Im Gegensatz zum praktischen Können ist der Gegenstand der Wissenschaft bei Aristoteles von ewiger

      Natur. Er stellt sie in Gegensatz zum Wissenschaftsgegenstand bei Platos „Theaetetos“1.

      Dabei ist eine exakte Beschreibung des Gegenstandes der wissenschaftlichen Erkenntnis charakteristisch,

      denn alles was zweideutig, oder wie Aristoteles es ausdrückt anders sein kann, ist unserer unmittelbaren

      Beobachtung entzogen und somit kein Gegenstand wissenschaftlicher Erkenntnis.

      Bei Aristoteles vollzieht sich der kognitive Akt der wissenschaftlichen Erkenntnis entweder durch

      deduktiven Schluß, indem man von schon Bekanntem ausgeht. Aristoteles bezeichnet das als             

      „Syllogismus“.

       Oder aber durch Induktion, in dem man vom Besondern  zum Allgemeinen schließt.

       Für Dirmeier ist es hier ersichtlich, daß Aristoteles hier bezug nimmt auf ein anderes Werk von

       sich.2

 

 

 

__________________________________________________________________________________________ 

 

 

 

1 H. H. Joachim, S. 191

2 F. Dirmeier, S. 447

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                Dicklhuber    

 

 

                                                            - 4 -

 

 

 

 

       Beide Verfahren der Erkenntnisgewinnung ergänzen sich. Dabei ist es wichtig, das man weiß,

       wie man zum Ergebnis kam. Dadurch das man durch Schlußfolgerung zum Ergebnis kommt, kann

       der Ausgangspunkt selbst kein Objekt der wissenschaftlichen Erkenntnis sein, dies bleibt der intuitiven

       Einsicht vorbehalten. S.161 m.

 

 

 

c.) sittliche Einsicht

 

 

       Sittliche Einsicht hat der, der fähig ist zu handeln im Bereich dessen, was für den Menschen

       wertvoll ist oder nicht. Dabei ist nicht speziell auf konkrete Mittel und Wege zu achten, sondern

       der allgemeine Weg zu einem guten und glücklichen Leben ist ausschlaggebend.

       Sittlich einsichtig handelt der, wer die Fähigkeit zu richtiger Planung besitzt.

       Sittliche Einsicht ist ein Wesensvorzug und kein praktisches Können. S. 160 m.

       Die sittliche Einsicht hat als Bereich die menschlichen Dinge und zwar dahingehend, wie man mit

       erwägender Reflexion Einsicht in die Dinge erlangt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                      Dicklhuber

                                                  - 5 -

                      

                                   

    

 

d.) Philosophische Weisheit

                                                     

       Philosophische Weisheit ist die vollendeste Form von Erkenntnis.

       So kennt der Weise nicht nur die Ergebnisse der Schlußfolgerung, sondern auch die Ausgangspunkte,

       die zur Schlußfolgerung führen.

       Sie ist Wissenschaft in Vollendung. S. 162 o.

       Für Aristoteles ist der Mensch nicht das höchste Wesen im Weltall, so wird er von den Gestirnen an

       „Göttlichkeit“ übertroffen, dadurch erhöht er die philosophische Weisheit über die sittliche Einsicht.

       Er begründet dies damit, daß philosophische Weisheit einen Weg klar und deutlich aufzeigt, aber es müßte

       viele Arten der übrigen  Tugenden geben.

 

 

 

e.) Intuitive Einsicht

 

 

       Die intuitive Einsicht geht auf die Ausgangspunkte für die wissenschaftliche Erkenntnis ein, also sie

       hat mit den Grundlagen für induktive und syllogistische Schlußfolgerungen zu tun.

       Intuitive Einsicht hat mit Dingen zu tun, die eine weitere Erklärung nicht mehr zulassen.

 

 

 

Schluß

 

Für Aristoteles ist philosophische Weisheit die höchste der dianoetischen Tugenden.

So ist das Glück zu erreichen, durch ein philosophisch und kontemplatives Leben.

Der Anspruch einer allumfassenden Ethik, mag heutzutage lächerlich sein, doch sollte man

immer nach dem höheren Streben, egal was der „Zeitgeist“ dem entgegen stellt.